Ein "fast" normaler Tag in Dahab
von Chris Hornbogner (Kommentare: 0)
Die Sonne geht gerade über dem Golf von Aqaba auf. Wie gewohnt ist der Himmel über Dahab wolkenlos und wir haben zu dieser frühen Stunde schon angenehme 24°C. Ich gehe gerade mit meinen beiden Hunden durch die menschenleeren Straßen von Dahab-Asalah und genieße die Ruhe vor der später einsetzenden, gemächlichen Betriebsamkeit. Der Geruch von frischem Falafel liegt in der Luft und vom Strand dringt das Meeresrauschen bis zu uns.
Dahab ist lebenswert
Ich kann mir keinen schöneren Ort zum Leben vorstellen und schätze mich glücklich, diesen Schritt vor 12 Jahren gemacht zu haben. Natürlich ist auch hier nicht immer alles eitel Sonnenschein aber die herzliche Art der Menschen und die positive Atmosphäre Dahab´s machen diesen Ort einfach lebenswert. Auch in den vergangenen fünf turbulenten Jahren in Ägypten hatte ich zu keiner Zeit ein unsicheres Gefühl, wozu sicherlich auch unsere Beduinen-Nachbarn beigetragen haben.
Wieder zurück am Haus, sehe ich „Salwa“ unsere Beduinen-Nachbarin, die mir ein freundliches „kef halak Chris, teschrab shai?“ entgegenruft. Ein paar Minuten später sitze ich auch schon mit „Sabr“ & „Salwa“ am kleinen Lagerfeuer und trinke Beduinentee. Wer schon mal Beduinentee getrunken hat, der weiß, dass man danach kein Frühstück mehr braucht und die gefühlten 10 Löffel Zucker pro Glas auch das Nutella-Brot ersetzen. Wir sprechen über die aktuelle Situation und mir wird, wie so oft in den vergangenen Monaten, die allgegenwärtige Frage gestellt, wann denn wieder mehr Touristen kommen. Ich habe keine Antwort darauf, erzähle den beiden aber von den zunehmenden Anfragen, welche hoffentlich ein Zeichen sind, dass es bald wieder aufwärts geht.
Wie ist denn die Lage in Dahab?
Die nächsten Stunden verbringe ich wie jeden Tag hinter meinem Rechner. José meine Partnerin ist bereits dabei E-Mails zu beantworten. Erfreulicherweise sind wieder einige Anfragen und auch Buchungen im Postfach. Daneben wieder die fast alltägliche Frage wie denn die Lage bei uns in Dahab ist. Ich kann die Frage verstehen und meine Antwort ist abgesehen von kleineren Aktualisierungen, wahrheitsgemäß stets dieselbe:
„Wir können nachvollziehen, dass Sie angesichts der Informationen aus den Medien beunruhigt sind. In diesem Zusammenhang freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu können, dass die Lage hier bei uns in Dahab völlig entspannt und ruhig ist. Es findet der ganz normale Alltag statt. Urlauber, Europäer die hier leben und Einheimische gehen tauchen, Schnorcheln, flanieren über die Promenade, relaxen in den Strandcafes und sitzen abends in den Restaurants. Dies war auch in den vergangenen Jahren so, als in weiten Teilen Ägyptens Unruhen herrschten. Wir leben seit 12 Jahren in Dahab und fühlen uns zusammen mit einigen hundert anderen Europäern sicher und auch sehr wohl.“
Freitag Nachmittag am Asalah Square
Es ist etwa halb drei Uhr nachmittags und ich überquere den Marktplatz von Asalah. Viel ist nicht los, was vermutlich an der Hitze und am heutigen Freitag also Feiertag liegt. Wie immer laufen ein paar Ziegen und Schafe über die Straße, die nach Gemüseresten der Straßenhändler suchen.
Ich werfe einen kurzen Blick auf „Ralph´s German Bakery“ und überlege mir etwas Leckeres für den Weg nach Mashraba zu holen, gehe aber dann doch weiter Richtung Meer. Nach wenigen Minuten erreiche ich den Eel Garden. Das Meer liegt ruhig und Türkis vor mir und in der Entfernung fallen die Berge ins dunkle Blau des Golf von Aqaba.
"Friday Market" am Sheikh Salem House
Der schwache Nordwind trägt die Geräusche vom „Friday Market“ zu mir und ich beschließe einen Abstecher auf den Markt. Wie jeden Freitag ist hier am Sheikh Salem House recht viel los. Ein buntes Konglomerat aus allen möglichen Nationalitäten bietet hier Spezialitäten, Handwerkskunst aus St. Catherines, Tücher und Schmuck an. Ein angenehmes und freundliches Durcheinander. Aus dem Getümmel kommen zwei bekannte Gesichter, lachend auf mich zu. Barbara & Hans ein Schweizer Paar, dass seit vielen Jahren über uns nach Dahab kommt und sich hier ebenso wohlfühlt wie fast jeder der schon mal in Dahab gewesen ist.
Da das Hotel der beiden auf meinem Weg liegt, begleite ich Hans & Barbara ein wenig und höre viel Positives und die Absicht im Oktober wieder nach Dahab zu kommen. Am Hotel Coral Coast angekommen verabschiede ich mich und mache mich auf den Weg zum nahegelegenen Lighthouse. Ich passiere die Blue Beach Strandbar, wo wir uns hin und wieder mit Freunden auf ein Sunset-Bier oder zum Fußballschauen treffen und komme zum verfallenen Sirtaki Hotel. Zwangsläufig muss ich an die alten Zeiten denken, als sich vor über 10 Jahren, hier wo sich einst die Adams Bar befand, zahlreiche Dahabians und Taucher auf ein Deko-Bier trafen. Die Zeiten ändern sich wie man hier hautnah sehen kann.
Lighthouse
Das Lighthouse zeigt sich wie immer als der zentrale Anlaufpunkt für Taucher, Freediver, Tekkies, Schnorchler und natürlich Sonnenhungrige, die sich entspannt auf den Sonnenliegen räkeln.
Aus dem „Time Cafe“ winkt mir Mohammed zu. Ich kenne Mohammed seit 2004 als José und ich noch im Hotel seines Bruders, dem „Goharra“ (heute „Jewel of Dahab“) gewohnt haben. Zusammen mit „Sabri“ spricht er über das allgegenwärtige Thema „Flüge“ und ich setze mich für ein paar Minuten dazu. Sabri hat gehört, daß möglicherweise ab dem Sommer eine Airline mit Namen „Leisure“ wieder non-stop von Europa nach Sharm fliegen soll. Na ja, ich hoffe er hat Recht und erzähle kurz von den Deutschen Medienberichten, wonach sich vor kurzem Deutsche Politiker, allen voran der Innenminister Thomas de Maizière, zur Flugsicherheit und den Kontrollen in Ägypten positiv geäußert haben. Bei den Gesprächen in Kairo soll es auch darum gegangen sein, die Charterflug-Verbindungen aus Deutschland baldmöglichst wieder aufzunehmen. Mal sehen …
Leere Strandpromenade
Ich mache mich wieder auf den Weg über die relativ leere Strandpromenade. Vor dem „Carm Inn“ dem Restaurant unserer alten Freunde Karin & Amr lese ich, dass am Abend eine „Music Night“ stattfindet. Chicken Satè mit Live Musik ist vielleicht eine Idee.
Kurz darauf sehe ich Steve ein Dahab Urgestein der in ein paar Tagen aufgrund der bescheidenen Situation in Dahab auf die Griechische Insel „Lesbos“ geht, um dort über den Sommer in einer Basis zu arbeiten. Lesbos? … ich wünsch ihm viel Glück.
Dahab Bay
Vorbei an den spärlich gefüllten Strandrestaurants, den bunten Basaren und über die einzige Brücke in Dahab. Ich möchte die Einzigartigkeit der kleinen Masbat Bay festhalten und erreiche über ein paar Stufen ein Hausdach, von wo man einen schönen Blick über die Bucht hat. Das Foto hab ich diesem Blog beigefügt. Man sieht die kleine Holzbrücke, die zahlreichen Palmen, die Holzkonstruktionen der Strandrestaurants und am nördlichen Ende das Lighthouse mit den weiß-getünchten Gebäuden.
Das Flair Dahab´s wird meiner Meinung nach besonders durch diese kleine, idyllische Bucht geprägt. Die Masbat Bay ist von den meisten Hotels und Apartments im Ort in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar.
Why Not & desillusionierte Freunde
Keine fünfzig Meter südlich der Brücke befindet sich der kleine „Why Not Basar“, welcher immer einen Besuch wert ist. Der wunderbare Laden überrascht mit ausgefallenen Dekorationen, schönen Geschenkideen und Souvenirs. Vor allem nach Einbruch der Dunkelheit bieten die zahlreichen orientalischen Lampen ein kunterbuntes, leuchtendes Schauspiel.
Weiter geht es vorbei an der Polizeistation, vor welcher stolz die schwarzen Riesen ATVs bzw. Quads aufgestellt sind. Eine kleine Gruppe junger Touristen steht davor und macht Scherze, dass sie die Quads gerne ausleihen möchten aber der Polizist der zur Wache vor dem Eingang sitzt, zuckt nicht mit der Wimper.
Kurz darauf treffe ich zwei alte Bekannte, junge Ägypter die früher in einem Camp gearbeitet haben. Ich frage wie es ihnen geht, da ich die Jungs schon lange nicht mehr gesehen hatte und bekomme als Antwort ein kurzes „Alhamdulillah“. Beide fragen mich, wann denn die Deutschen und Holländer wieder kommen. Bevor ich antworten kann ergänzt Haythem „wir warten und warten und werden auch geduldig weiter warten, hoffen aber, daß sich schnell etwas ändert“. Wir sitzen gemeinsam auf der Steinmauer am Meer vor dem alten Nabatäischen Hafen und sprechen über alte Zeiten. Nach ein paar Minuten verlasse ich meine desillusionierten Freunde und denke mir, dass seit dem tragischen Flugzeugunglück über ein halbes Jahr vergangen ist. Seither ist in Sachen Sicherheit viel verbessert worden und es wäre schön, wenn Europa mal wieder ein Hoffnungszeichen an die Ägypter senden würde und nicht nur auf Politischer Bühne diskutiert wird.
Alter Freund
In der Entfernung sehe ich „Badr“, meinen alten Freund und Geschäftspartner, an der Promenade stehen. Badr und ich kennen uns seit 2002 und seit 2004 arbeiten wir eng zusammen. Sein jüngerer Bruder „Abdu“ fährt seit vielen Jahren unsere Gäste sicher durch den Süd Sinai. Wir schätzen uns glücklich, dass wir diese Familie, nicht zu vergessen „Bassem“ den jüngeren der 3 Brüder, zu unseren engen Freunden zählen dürfen. Badr winkt mich in seine Tauchschule und zeigt mir seine neuen Masken & Schnorchel, die er erst vor wenigen Stunden ausgepackt hat. Ihm geht es erfreulicherweise gut, da er regelmäßig Taucher von den Sprach-Schulen in Kairo bekommt.
Manche Dinge ändern sich zum Glück nie!
Nach einem Tee und einem kurzen Gespräch gehe ich ein Haus weiter und grüße Bassem, der hinterm Counter seiner Tauchbasis Liquid Adventures steht. Er lacht mich an und bietet mir einen Tee an, den ich aber dankend ablehne. Tee hatte ich heute schon genug, aber das ist sie eben, diese Herzlichkeit und Gastfreundschaft, die einem hier im Ort überall begegnet.
Ich gehe durch die Empfangshalle des Acacia Hotels und stehe vor dem Ziel meines Weges durch Dahab. Wieder ein „Why Not“ Laden aber diesmal der von „Hany“ dem Barbier, der mir seit über einem Jahrzehnt die Haare schneidet. Ich mach es mir in seinem Friseurstuhl bequem und natürlich wird mir wieder ein Tee angeboten. Manche Dinge ändern sich zum Glück nie!
Viele Grüße aus Dahab!
Chris
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